Verletzung der Anzeigepflicht bei der Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung

Da dieses Thema regelmäßig Gegenstand von Streitigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung ist, soll hier wieder einmal eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichtsgerichts Dresden (Aktenzeichen 4 U 1215/22)in seinen wesentlichen Kernpunkten kurz dargestellt werden. Das Gericht befasst sich mit drei wichtigen Themenkomplexen dazu und entscheidet diese sehr verbraucherfreundlich. Letztlich geht es um die Frage, ob die Versicherung aufgrund einer Falschbeantwortung von Gesundheitsfragen rückwirkend den Versicherungsschutz für psychische Erkrankungen ausschließen durfte.

1. Das Erfordernis einer gesonderten Belehrung über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung bei Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist nur dann gewahrt, wenn die Belehrung in unmittelbarer Nähe zu den Gesundheitsfragen erfolgt und so gefasst ist, dass sie ein durchschnittlich aufmerksamer Versicherungsnehmer schlechterdings nicht übersehen kann. Im vorliegenden Fall war dieses Erfordernis „gerade noch“ erfüllt. Es lohnt sich aber diesen Punkt immer zu überprüfen, was oft vergessen wird.

2. Fragt der Versicherer nach „Krankheiten oder Beschwerden“ muss ein bloßes Lampenfieber unterhalt der Schwelle zur krankhaften Prüfungsangst nicht angegeben werden, auch wenn es Anlass dafür war, einen Arzt aufzusuchen. Tatsächlich kommt es hier auf den genauen Wortlaut der Antragsfragen und die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Häufig geht es hier auch um (einmalige oder unbehandelte) Rückenschmerzen und die Frage, ob diese bereits einen Krankheitswert erreicht haben. Auch hier kommt es auf die Details an.

3. Kann der Versicherungsnehmer zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft machen, einen in der Vergangenheit erfolgten Arztkontakt vergessen zu haben, kann ihm auch dann keine Verletzung der Anzeigepflicht vorgeworfen werden, wenn er es fahrlässig unterlassen hat, sein Erinnerungsvermögen durch Einsicht in vorhandene Unterlagen oder Rückfragen bei Dritten angespannt zu haben. Hintergrund ist, dass der Versicherungsnehmer ja nur angeben muss, was ihm auch tatsächlich bekannt ist. Die Frage ist dann oft, ob glaubhaft vorgetragen werden kann, dass eine Behandlung tatsächlich vergessen wurde, z.B. weil es nur eine Kleinigkeit war, schon lange her ist und im Verhältnis zu weiteren Erkrankungen nicht entscheidend ins Gewicht fiel.

Gerade zu letzterem Punkt besteht auch sehr oft das Problem, dass dem Versicherungsnehmer die konkrete Diagnose gar nicht bekannt ist. Ein typischer Fall aus der Praxis ist die Diagnose und Abrechnung einer psychischen Erkrankung (z.B. Depressive Episode) bei einem Versicherungsnehmer, dem des einfach mal zu viel ist in der Arbeit oder private Probleme hat und eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigt. So gut wie alle meine Mandanten sind überrascht, was in einem bei der Krankenversicherung angeforderten Auszug alles an Diagnosen und Abrechnungen enthalten ist und kennen einen Großteil davon nicht. Dies sollte vor Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung unbedingt überprüft und etwaige Falscheintragungen berichtigt werden.

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