Berufsunfähigkeitsversicherung – Leistungsablehnung bei Verschweigen einer Krankschreibung wegen psychischer Belastung

Die aktuelle Entscheidung des OLG Saarbrücken vom 16.11.22 (Az. 5 U 8 /22) betrifft den typischen Fall aus der Praxis, wie folgt:

Gestritten wird um den Fortbestand und Leistungsansprüche aus einer vom Kläger bei der Beklagten unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung. Bei Antragstellung im November 2013 verneinte der Kläger eine der Gesundheitsfragen, die wie folgt lautete: «Wurden sie in den letzten 10 Jahren aus einem oder mehreren der nachstehend genannten Gründen beraten, untersucht oder behandelt oder sind solche Maßnahmen vorgesehen? … e.) Erkrankungen oder Störungen der Psyche (z.B. depressive Stimmungen, Angstzustände, Belastungsreaktionen, Essstörungen, Erschöpfungszustände)?»

Am 04.05.2018 beantragte der Kläger Leistungen aus der Versicherung. Im Rahmen der Leistungsprüfung erhielt die Beklagte ein Attest aus einer Praxis, woraus sich eine Krankschreibung vom 27.10.2009 bis 08.11.2009 wegen «psychischer Belastungen durch Arbeit» ergab. Als Diagnose war «ICD Z 56G» (Kontaktanlässe mit Bezug auf das Berufsleben) angegeben. In Ansehung dieses Attests erklärte die Beklagte den Rücktritt vom Vertrag.

Aus meiner Sicht und praktischen Erfahrung ist dies der typische Fall, dass der Versicherungsnehmer einfach mal platt war oder aus anderen Gründen für seinen Arbeitgeber einmalig eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benötigte. Ein echter Krankheitswert war dem Versicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst. Er nahm keine Medikamente und begab sich auch nicht in Folgebehandlung. Die vom Arzt abgerechnete Diagnose war dem Versicherungsnehmer nicht wichtig und er hat dieser auch keine Beachtung geschenkt.

Bei Beantragung der Berufsunfähigkeit und Beantwortung der Gesundheitsfragen ging der Versicherungsnehmer somit auch davon aus, dass eben keine „Behandlung wegen Krankheit der Psyche“ vorlag. Es mag Ausnahmen geben, aber den meisten Versicherungsnehmern kaufe ich das ab, dass Sie es einfach nicht gewusst oder falsch eingeschätzt haben. Zuletzt war es eine Versicherungsnehmerin, die sich wegen dem Tod Ihrer Mutter einige Tage krank schreiben ließ und der nicht bewusst war, dass in diesem Zusammenhang (einmalig) eine psychische Erkrankung diagnostiziert und abgerechnet wurde. In der Folge hat auch dies im folgenden Leistungsfall zu großen Schwierigkeiten geführt.

Das OLG Saarbrücken hat dagegen im aktuellen Fall dem Kläger nicht geglaubt und die klageabweisende Vorentscheidung des Landgerichts Saarbrücken bestätigt. Das OLG Saarbrücken ging sogar von Vorsatz des Versicherungsnehmers aus und hat einen Kausalitätsgegenbeweis, dass die aktuelle Erkrankung nichts mit der damaligen Erkrankung zu tun hatte, ausgeschlossen. Ich empfinde das recht hart, weiß aber natürlich nicht, wie sich der Versicherungsnehmer dazu im Detail eingelassen hat. Letzteres ist oft der entscheidende Punkt, wie man sich dazu einlässt und wie man die zunächst schriftlich vorliegende Pflichtverletzung auch mit Hilfe des behandelnden Arztes und es Versicherungsvermittlers widerlegen kann. Eigentlich ist dann die Rechtsprechung eher versicherungsnehmerfreundlich.

Unabhängig davon kann aber nur empfohlen werden, sich vor Beantragung einer Berufsunfähigkeitsversicherung einen Auszug aus der Behandlungsakte des Hausarztes und einen Auszug der Abrechnung der Krankenversicherung zu besorgen.